Da war doch was...!

Erinnern Sie sich: „Ich bin Energiesparer“. So hieß eine Kampagne, und so stand auf einem Aufkleber, der so oval war wie das D-Kennzeichen für Fahrzeuge, schwarz-rot-gold unterlegt stand der Spruch auf großen Lettern darauf: „Ich bin Energiesparer.“ Was meinen Sie wohl, wann das war? - 1980! Damals war der Zweite Weltkrieg 35 Jahre zu Ende, im Kino liefen „Shining“ und „Blues Brothers“, Franz-Josef Strauß war Kanzler-Kandidat, der Zauberwürfel „Rubic's Cube“ kam auf den Markt, Bayern München war Deutscher Fußballmeister und Fortuna Düsseldorf Pokalsieger, und die Grünen gründeten sich als bundesweite Partei. Vieles - wenn auch nicht alles davon - ist uns erhalten geblieben. Die „Blues Brothers“ kommen immer noch im Fernsehen, mit dem Zauberwürfel beschäftigen sich manche immer noch und Bayern München als deutscher Meister ist nach wie vor ein Thema. Aber – im Ernst – können Sie sich vorstellen, dass jemand den Aufkleber „Ich bin Energiesparer“ auf sein Auto oder seine Aktentasche klebt? Dabei gibt es vermutlich heute mehr Energiesparer als damals.

Das Zur-Schau-Stellen von energiesparendem Verhalten war 1980 vielleicht noch tatsächlich eine Bekundung von ungewöhnlichem Verhalten, der Ölschock mit den autofreien Sonntagen lag gerade mal sieben Jahre zurück. Vielleicht war es auch ein Statement und ein Bekenntnis zu umweltfreundlichem Verhalten mit dem man sich von anderen Leuten und deren Verhaltensweisen abgrenzen konnte. Heute ist das Energiesparen quasi die Normalität und alle, die energieaufwändige Produkte konsumieren, entsprechende Autos fahren und Urlaubsgewohnheiten haben, geraten in einen Rechtfertigungsdruck. Wenn das energiesparende Verhalten zur Norm wird, ist der moralische Zeigefinger schnell gereckt! Und Moralisten und Besserwisser wird es immer geben, wie sehr sich die Zeiten auch ändern mögen.

Lassen Sie sich nicht beirren! Wenn Sie den Aufkleber „Ich bin Energiesparer“ nicht mehr brauchen, weil Klimaschutz und Energieeffizienz längst für Sie ganz normal, alltäglich und nicht besonders hervorzuheben sind, dann hat die Kampagne von 1980 doch ihr Ziel erreicht! Vermutlich wäre es das Beste, was dem Planeten Erde und seinen Bewohner passieren kann, dass um des Energiesparens und Klimaschutzes gar nicht viel Aufhebens gemacht werden müsste. Wenn das das Normalste der Welt wäre! Man kann den Eindruck gewinnen, dass in unserer Gesellschaft die „Basis“ eigentlich schon sehr weit in diese Richtung gegangen ist. Für sehr viele Menschen sind Dinge wie Mülltrennung und Recycling, Stromsparen und klimafreundliche Gerätenutzung usw. längst alltägliche Gewohnheit geworden. Die groß angelegten Konferenzen, mit viel Brimborium abgegebenen Absichtserklärungen und Zielformulierungen wirken gegenüber der vielfach an den Tag gelegten Beispiele für energiesparendes und klimafreundliches Verhalten in der Bevölkerung oftmals sehr bemüht und kaum überzeugend.

Deshalb noch einmal: Lassen Sie sich nicht beirren! Verzichten Sie auf Plastikstrohhalme und Plastiktüten, bevor sie verboten werden, ziehen Sie sich im Winter wärmer an, bevor Ihnen ein Schlaumeier sagt, wie viel Heizenergie sie dadurch sparen können und konsumieren Sie regionale und saisonale Produkte, bevor irgend eine Umweltorganisation ihnen ausführlich darlegt, wie sinnvoll das ist. Anders gesagt: Machen Sie weiter, wenn Sie selbst Ihr Verhalten für klimafreundlich und energiesparend halten und dies anderen gegenüber auch begründen könnten. Und wenn Sie sich nicht sicher sind, denken Sie nach und verändern Sie gegebenenfalls ihre Gewohnheiten und Ansichten. Das ist gar nicht so schwer. Auf diese Weise könnte so etwas wie „Ich bin Energiesparer“ zu einer Haltung werden. Eine Haltung ist etwas, das zum persönlichen Selbstverständnis gehört, ohne andauernd ausdrücklich bekundet werden zu müssen.